Neuroradiologie Scan 2021; 11(04): 269-282
DOI: 10.1055/a-1503-4222
CME-Fortbildung

Intraventrikuläre Hirnblutungen des Frühgeborenen

Pathophysiologie und Behandlung
Ulrich H. Thome
,
Matthias Knüpfer
,
Matthias Krause
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Frühgeborene haben im Vergleich zu Reifgeborenen ein erhöhtes Risiko für intrakranielle Blutungen, die das Ventrikelsystem und die umgebenden Strukturen betreffen. Das Risiko ist umso höher, je unreifer das Kind ist, und kann bei Kindern der 23.–24. Schwangerschaftswoche bis zu 50 % betragen. Wenn eine invasive Beatmung notwendig ist, erhöht sich ebenfalls das Risiko. Der Beitrag thematisiert Klassifikationssysteme und mögliche Therapien.

Kernaussagen
  • Die intraventrikuläre Blutung des Frühgeborenen ist ein bis heute nicht befriedigend gelöstes klinisches Problem.

  • Blutungen Grad 1 oder kleine Blutungen Grad 2 haben in vielen Fällen keine negativen Langzeitfolgen. Weitere Untersuchungen, von welchen Faktoren die Prognose abhängt, sind allerdings erforderlich.

  • Es gibt keine anerkannten Methoden, um eine Blutung zu verhindern, und es ist außerdem nicht gesichert, welches die besten Behandlungsverfahren nach stattgehabter Blutung sind.

  • Weiterhin ergeben sich auch bei der Behandlung des posthämorrhagischen Hydrozephalus viele offene Fragen.

  • Medikamentöse Behandlungsversuche des Hydrozephalus waren nachteilig und der Nutzen serieller Ventrikel- oder Lumbalpunktionen wird von vielen Behandlern angezweifelt.

  • Zu den bewährten Verfahren temporärer und permanenter Liquorableitungen kommt nun die endoskopische Ventrikellavage als potenziell hilfreiche, aber derzeit noch experimentelle Alternative hinzu. Sie ermöglicht die effektivste Entfernung der intraventrikulären Blutkoagel und könnte dadurch neuroprotektiv wirken. Andererseits ist der Eingriff mit erheblichen Risiken assoziiert.

  • Die endoskopische Ventrikellavage sollte daher nur in damit erfahrenen Zentren durchgeführt werden, bis die offenen Fragen über Indikation, Kontraindikationen und Methoden geklärt werden konnten.

  • Ihre Wertigkeit kann also erst in der Zukunft abschließend beurteilt werden. In Deutschland hat sich eine Gruppe von Kliniken etabliert, um diese Daten zu generieren.

  • Bis auf weiteres kann eine größere Verbreitung der Methode nicht empfohlen werden, insbesondere nicht, da die genauen Modalitäten und Verfahrensweisen zur Erzielung eines optimalen Patientennutzens und minimalen Risikos bisher nicht definiert sind.



Publication History

Article published online:
29 September 2021

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